Die Geschichte des Hannoverschen Rennvereins von 1973-heute

von Sven Wissel

Als Präsident des Umzuges war Andreas Freiherr Knigge in die Vereinsgeschichte eingegangen. Unter seiner Regie wurde die Galopprennbahn von der Alten Bult in Hannovers Südstadt auf die Neue Bult in Langenhagen verlegt. Damit wurde am Pfingstmontag 1973 eine neue Ära eingeläutet. Im Eröffnungsjahr flossen an 8 Renntage 2,3 Mio. DM durch die Wettkassen.

1974 übernahm das Zepter Klaus von Kardorff, der in den Folgejahren zwischen 15 und 20 Renntage veranstaltete. Kurios: In den ersten drei Jahren seiner Amtszeit wurden auch 11 Trabrennen abgehalten. Zu dieser Zeit war es vor allem der Basissport, der den Ton angab. Sportliches Highlight war der Deutsche Stutenpreis, ein Gruppe III-Rennen, das letztmalig 1968 auf der Alten Bult entschieden wurde. Nach einem Zwischenstopp in Krefeld und Bremen war es Klaus von Kardorff 1974 gelungen, die traditionelle Stutenprüfung wieder nach Hannover zurückzuholen. Auch die Goldene Feder des Vogelpark Walsrode, später eine angesehene Vorprüfung für das Deutsche Derby, hatte 1977 ihren Ursprung in der Ära Klaus von Kardorff. Höhepunkt seiner Amtszeit war das Jahr 1984, als sich der Wettumsatz bei 17 Renntagen auf knapp 7,6 Mio. DM summierte.

Nach dem plötzlichen Tod von Klaus von Kardorff im selben Jahr, hatte man mit Kurd von Lenthe als Nachfolger gerechnet. Kurd von Lenthe hatte bis dahin lange Jahre das Amt des Vizepräsidenten bekleidet. Er war zudem seit 1979 Präsident der Deutschen Besitzervereinigung und seit 1980 stellvertretender Vorsitzender des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen in Köln hinter Walter Scheel. Doch von Lenthe stand für das höchste Vereinsamt nicht zur Verfügung. Er wurde stattdessen ab 1986 oberster Rennleiter auf den Galopprennbahnen in Norddeutschland, und wurde später für sein außergewöhnliches Engagement in Politik, Galopprennsport, Kirche, Land- und Forstwirtschaft mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Schließlich wurde 1984 der hannoversche Jurist Frank Ritter in das Präsidentenamt gewählt. Ritter war zu diesem Zeitpunkt kein unbeschriebenes Blatt. Er musste von den Mitgliedern zunächst in den Vorstand gewählt werden, um aus diesem als Präsident hervorgehen zu können. Frank Ritter hatte sich zuvor über Jahre als Rennleitungsmitglied in Rennsportkreisen einen guten Ruf erworben. 1944 in Baden-Baden geboren, konnte er einen praktischen Bezug zu den Vollblütern vorweisen: Er war In jungen Jahren beim Iffezheimer Trainer Siegfried Gülcher regelmäßig in der Morgenarbeit in den Sattel gestiegen. Neben Präsident Ritter gehörten der Vorstandsmannschaft Stall Steintor-Eigner Otto-Werner Seiler als Vizepräsident, sowie Kreissparkassen-Vorstand Bernhard Schäfer und Brauerei-Eigner Manfred Middendorff an.

Frank Ritter galt als experimentierfreudig und Mann der Taten (Zitat: „Versuch macht klug“), was er gleich in seiner ersten Legislaturperiode unter Beweis stellen sollte. Um mehr Umsatz zu generieren hatte er bei den einfachen Wettarten die Grundeinsätze erhöht und eine Fünferwette ins Leben gerufen. Während die Erfolge 1985 in seiner ersten vollen Saison noch auf sich warten ließen, begann in den Folgejahren der steile Aufstieg, der sich über einen langen Zeitraum fortsetzen sollte. Grund für die in Gang gesetzte Aufwärtsspirale waren die in die Rennpreise reinvestierten Erträge aus den Wettumsätzen. Dadurch gab es in den Basisrennen kopfstarke Felder, was wiederum den Wettern in Form von lukrativen Quoten zu Gute kam.

Bei der Suche nach weiteren Nischen für Alleinstellungsmerkmale entwickelte Ritter die Neue Bult zur Hochburg des Hindernissports. In den Jahren 1982 bis 1998 hatte es in der Spitze jährlich bis zu 3 Jagdrennen über die schwere Diagonalbahn mit einer Dotierung von 100.000 DM gegeben. Es waren die höchstdotierten Jagdrennen Deutschlands. Polarisiert hatte ab 1990 die Erfindung „seiner“ Derby-Revanche, die, dotiert zwischen 200.000 DM und 300.000 DM, in 11 aufeinander folgenden Jahren, nicht das eingehalten hatte, was der Renntitel versprach. Aufgrund des sportlichen Stellenwertes (Nationales Listenrennen) und der Dotierung (das Derby hatte zu dieser Zeit eine Dotierung bis zu 1 Mio. DM) war es nie zu einem echten Aufeinandertreffen der Erstplatzierten aus dem Blauen Band gekommen. Doch bei den Zuschauern und Wettern war das Rennen sehr beliebt.

Hatte der Umsatz in seiner ersten vollen Saison 1985 noch 7,2 Mio. DM betragen, war ihm über 10 Jahre bei annähernd konstanter Anzahl an Renntagen eine Verdoppelung des Umsatzes auf 15,9 Mio. DM gelungen. Ritter schien auf dem Zenit angekommen. Er veranstaltete 1992 einen festlichen Renntag zum 125-jährigen Bestehen des Hannoverschen Rennvereins. Als sportlichen Knüller gab es einen mit 125.000 DM dotierten Ausgleich I als Jubiläumspreis. An diesem Renntag wurde erstmals in der Vereinsgeschichte die Umsatzschallmauer von 1 Mio. DM durchbrochen. Ein Ereignis, dass sich in den folgenden Jahren an den Renntagen mit dem Sprint-Preis (Listenrennen) zum Saisonauftakt, der Derby-Revanche (Nationales Listenrennen) im Sommer und dem Deutschen Stutenpreis (Gruppe III) im Herbst noch mehrfach wiederholen sollte.

Mit dem sportlichen Programm war auch ein Anstieg der benötigten finanziellen Mittel verbunden, denn nicht wenige Rennen wurden ohne Sponsorship gelaufen. Um Einnahmequellen zu erschließen und das Areal in Eigenregie vermarkten zu können, löste Ritter den Vertrag mit der Stadt Hannover, die bis dahin als Eigentümerin des Geländes für den Unterhalt der Rennbahn verantwortlich gewesen war. Es wurde ein Erbpachtvertrag auf 99 Jahre abgeschlossen, mit der Maßgabe, dass der Verein fortan finanziell auf eigenen Füßen stehen musste.

Frank Ritter war fleißig und voller Tatendrang. Er wurde zum Multi-Funktionär im deutschen Galopprennsport. Ritter bekleidete im Verein über viele Jahre parallel auch die Position des Geschäftsführers, moderierte die Siegerehrungen, machte während der Rennveranstaltung einen Fallschirmsprung und kam am Nikolausrenntag auf einem Kamel in den Absattelring geritten. Kurzum: Er war ein Workaholic. Er war ehrgeizig, sich für nichts zu schade. Mit ihm musste man immer rechnen.

Die stetig wachsenden Umsätze fanden Mitte der 90er Jahre ein Ende. Grund hierfür war das Aufkommen von ODDSET, einer staatlichen Sportwette, die erstmals das Wettprivileg des Rennsports durchbrochen hatte. Zudem hatten die Buchmacher nicht mehr in dem Maße ihre Wetten in den Rennbahntotalisator vermittelt, wie in früheren Jahren. Sie hatten das Potential der Sportwette erkannt, was zu deutlichen Umsatzrückgängen führte. Ritter versuchte durch Gespräche mit dem Land Niedersachsen auf einen Ausgleich hinzuwirken. Dieser sollte dem Galopprennsport langfristig dazu verhelfen, von der Sportwette destinatär zu partizipieren und die Umsatzrückgänge aufzufangen. Eine Schlüsselsituation für den Hannoverschen Rennverein. Obwohl Ritters Verhandlungen weit fortgeschritten waren, kam es zu keiner Vereinbarung.

Der Abwärtsentwicklung versuchte Frank Ritter mit einem umfangreichen Tribünenumbau, der den Zuschauern mehr Komfort bieten und die Umsatzzahlen wieder ankurbeln sollte, entgegenzuwirken. Modernisierungen wie in den Fußballstadien mussten her, um den Anschluss an die Mitbewerber auf dem Freizeitmarkt nicht zu verpassen. Man wollte den Besuchern eine attraktive Rennbahn bieten. Zudem wurden Baumaßnahmen erforderlich, weil die Gefahr bestand, dass die Bauaufsicht die in die Jahre gekommene Tribüne stilllegen könnte.

Nach einem einstimmigen Vorstandsbeschluss investierte der Rennverein 2 Mio. DM. Ritter war zudem für die Verbindlichkeiten des Rennvereins eine private Bürgschaft über 250.000 DM eingegangen. Er sollte diese Fessel bis zum Rücktritt von seinem Amt nicht mehr loswerden.

Ihn hatte sein bis dahin grandioser Instinkt für das richtige Handeln verlassen. Die Abwärtsspirale setzte sich in Gang. Zuschauer und Umsatzzahlen entwickelten sich weiter rückläufig. Das Medium Internet begann später zusätzlich das Wettverhalten zu beeinflussen, spielte zu dieser Zeit aber noch nicht die große Rolle, wie einige Jahre später. Der Deutsche Stutenpreis, das bis dahin einzige Grupperennen und traditionelle Aushängeschild des hannoverschen Kalenders, wurde 2002 für 250.000 DM an den Kölner Rennverein abgetreten, um mit dem Erlös finanzielle Löcher des mittlerweile in akute Bedrängnis geratenen Vereins zu stopfen. Ein schmerzhafter Schritt, schließlich hatte das Rennen seit 1918 in Hannover seine Heimat.

Kurz vor der Jahrtausendwende gab der langjährige Vize-Präsident Otto-Werner Seiler seinen Rücktritt aus dem Vorstand bekannt. Offizieller Grund waren gesundheitliche Probleme. Doch gab Seiler später zu, die Verantwortung für die mittlerweile angehäuften Verbindlichkeiten aus Gewissensgründen nicht mehr mittragen zu wollen. Seiler hatte zwar in der entscheidenden Vorstandssitzung dem Umbau zugestimmt, aber schon damals darauf hingewiesen, dass die Kreditaufnahme ohne einen Zuschuss von der Stadt Hannover oder dem Land Niedersachsen große Gefahren mit sich bringen würde. Die Kreditabteilung der Kreissparkasse Hannover hatte diese Bedenken allerdings nicht geteilt. Für Otto-Werner Seiler endete damit eine jahrzehntelange Tätigkeit in vorderer Linie des Hannoverschen Rennvereins.

Seiler war schon in jungen Jahren unter Präsident Andreas Freiherr Knigge Mitglied im Direktorium, dem späteren Aufsichtsrat des Hannoverschen Rennvereins geworden, und hatte diese Funktion auch unter Präsident Klaus von Kardorff inne, bevor er Vize unter Präsident Ritter wurde. Seiler gehörte zudem dem Bauausschuss an, der bei der Konzipierung der Galopprennbahn Neue Bult mitgewirkt hatte. Otto-Werner Seilers Nachfolger als Vize-Präsident wurde Prof. Dr. Gerhard Sybrecht, ein Humanmediziner, der im Galopprennsport über sein Gestüt Hof Iserneichen in Isernhagen Bekanntheitsgrad erlangt hatte.

Weitere einschneidende Veränderungen folgten prompt: Da die Zahl der Hindernisrennen in Deutschland rapide zurückgegangen war, nur noch kleine Starterfelder zusammenkamen und die Umsätze deutlich geringer als in den Flachrennen ausfielen, hatte der Vorstand beschlossen, die Jagdbahn abzureißen. Dafür sollte im Innenraum ein zweites Flachgeläuf entstehen. Ziel war es, in einem Wechselspiel zwischen Innen- und Außengeläuf die Anzahl der Renntage zu steigern, um auch in den Wintermonaten Rennen veranstalten zu können. Doch wurde diese Idee von der Wirklichkeit schnell eingeholt.

Waren es im Millenniumjahr noch 16 Renntage mit einem Umsatz von 9,6 Mio. DM, reduzierte sich das Programm im Jahr 2004 auf nur noch 8 Renntage und ein Wettaufkommen von 1,4 Mio. EUR, was umgerechnet 2,7 Mio. DM entsprach.

Trotz der prekären wirtschaftlichen Lage des Vereins (Zitat Ritter: „Ich bin ein hoffnungsloser Optimist“), kam sein plötzlicher Rücktritt am 25. August 2004, kurz nach seinem 60. Geburtstag, so überraschend, dass es zunächst ein Vakuum in der Vereinsführung gab. Überraschend auch deshalb, weil Ritter zuvor noch als Chefmanager des Galopperverbandes, dem Direktorium für Vollblutzucht und Rennen in Köln, gehandelt worden war. Aufgrund der Situation in Hannover war diese Personalie in den Gremien aber nicht mehrheitsfähig. Auch der Vizepräsident Prof. Dr. Gerhard Sybrecht trat kurze Zeit später zurück, als der Verein längst zahlungsunfähig war.

Es brach die Zeit von Gregor Baum an, der in Rennsportkreisen schon lange kein Unbekannter mehr war. Er war über seinen Vater, Konsul Eugen Baum, im Jugendalter in den 60er und 70er Jahren zum Galopprennsport gekommen, als beide zu den regelmäßigen Besuchern der Pferderennen auf der Alten Bult zählten. Schnell war er vom Sport der edlen Vollblüter so fasziniert, dass er im Laufe der Jahrzehnte seine Passion und Leidenschaft zu einem Wirtschaftsfaktor in Vollblutzucht und Rennsport weiterentwickelte.

Baum, der Vorsitzender des Aufsichtsrats des Rennvereins war, hatte sich in den folgenden Monaten vor allem als Krisenmanager einen exzellenten Ruf erworben.

Am 12.11.2004 wurde beim Amtsgericht ein Insolvenzantrag gestellt und Dr. jur. Rainer Eckert zum Insolvenzverwalter bestellt. Durch kluges Handeln sowie großen persönlichen und finanziellen Einsatz war es Gregor Baum gelungen, mit den Gläubigern einen Schuldenbereinigungsplan zu verhandeln, womit eine Insolvenz des zwischenzeitlich mit rund 2 Mio. Euro verschuldeten Vereins abgewendet werden konnte. Die Bedingung der Gläubiger für den Forderungsverzicht war die Fortführung des Rennvereins unter der Führung von Gregor Baum. Der Hannoversche Rennverein war praktisch auf einen Schlag schuldenfrei und konnte bei null beginnen, um seine bis dahin 137-jährige Geschichte fortzuschreiben.

Am 18. März 2005 nahm Gregor Baum nach einer konstituierenden Aufsichtsratssitzung als 15. Präsident offiziell seine Amtsgeschäfte auf. Als Vorstandsmitglieder standen ihm der Dipl.-Kfm. Herbert-Ernst Finke als Vize-Präsident und der Jurist Hans-Thomas Bechstein zur Seite. Es sollten für den hannoverschen, wie auch den gesamtdeutschen Galopprennsport prägende Jahre mit einer eindeutigen Handschrift werden: der von Gregor Baum.

Da aus den Einnahmen, wie dem Wettgeschäft, die Fixkosten und der laufende Rennbetrieb kaum finanziert werden konnten, wurden verstärkte Anstrengungen auf dem Sponsorensektor unternommen. Diese entscheidende Rolle kam dem neu gewählten Aufsichtsrat zu. Baum hatte es verstanden viele hochkarätige Namen aus der Hannoverschen Wirtschaft für eine Mitarbeit im Aufsichtsrat gewinnen zu können. Neben den beiden Juristen Friedrich von Lenthe (Vorsitzender) und Andreas Brinkmann, zählten zu den Mitgliedern der ersten Stunde der Mediziner Peter Gollmann, Martin Kind (Kind Hörgeräte), Manfred Kokemüller (Eilert Bauunternehmung), Walter Richter (Union Boden), Wilhelm Sandmann (Madsack), Ralf Stietenroth (Autohaus Stietenroth), Harrald Wendt (Mercedes-Benz Niederlassung Hannover) und Jens Zotzmann (Calenberger Kreditverein).

Damit waren personell die Weichen für einen erfolgreichen Neustart gestellt. Doch die Veränderungen gingen noch weiter: Pünktlich zur Saisoneröffnung 2005 präsentierte sich die Galopprennbahn Neue Bult in neuem Glanz. Gregor Baum hatte umfänglich in die Renovierung des ungeliebten Betonklotzes investiert, um eine optimale Vermarktung zu erreichen. Die Fassade erhielt einen neuen silberfarbenen Anstrich, die Büroräume hatten eine neue Ausstattung erfahren, der Treppenaufgang und die VIP-Lounge wurden ebenso zu einem Schmuckstück, wie die neu konzipierte Garden Lounge, die im Außenbereich an den Boxen des Absattelrings entstanden war.

Auch personell hatte sich einiges getan. Mit Karen Lang hielt eine engagierte Mitarbeiterin im Sekretariat Einzug, die den Veranstaltungen vielerlei Impulse geben konnte. Ideengeber waren auch Baums Ehefrau Julia sowie Sohn David und Tochter Alicia, die an den Renntagen das „Baum-Quartett“ komplettierten.

Ein Beirat wurde ins Leben gerufen, der sich um Rennbahnführungen und Mitgliederveranstaltungen kümmerte. Ein Dutzend einheitlich in den roten Vereinsfarben gekleidete Hostessen standen für die Belange von Besuchern und VIP-Gästen zur Verfügung. Kurzum: Die Neue Bult hatte ein professionelles Gesicht erhalten und wurde zu einem Vorzeigeobjekt, das die Massen fortan mobilisierte.

Der äußere Rahmen war die eine Sache. Auch der sportliche Sektor wurde mit Leben erfüllt. An jedem der Renntage kam mindestens ein Listenrennen zur Austragung. Und auch Grupperennen hatten in der Folge schnell wieder ein Zuhause auf der Neuen Bult gefunden. So kehrte 2006 der Deutsche Stutenpreis zurück nach Hannover und damit an seine alte Wirkungsstätte. Aber vor allem wurde die Neue Bult das neue Zuhause vieler Kinder. Mit einem bunten Unterhaltungskonzept für die ganze Familie, bestehend aus Ponyrennen, Showeinlagen und einem großen Kinderland, war es dem Verein gelungen nicht nur neues Publikum zu gewinnen, sondern dieses auch langfristig an den Verein zu binden.

Die erste Saison unter der Regie von Gregor Baum wurde aus dem Stand zu einem vollen Erfolg. Hatte der Rennverein im Jahr der Insolvenz bei 8 Renntagen und 22.000 Besuchern einen Wettumsatz von 1,4 Mio Euro verzeichnet, begann die Ära Baum mit fulminanten Zahlen: An 7 Renntagen wurden 46.000 Besucher gezählt und rund 1,6 Mio Euro an den Wettkassen umgesetzt. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wurden wieder schwarze Zahlen geschrieben.

In den folgenden Jahren war es dem Hannoverschen Rennverein gelungen, seine Besucherzahl von durchschnittlich 6.600 Zuschauern (2005) auf rund 13.000 Besucher (2013) nahezu zu verdoppeln. Immer wieder gab es an einzelnen Renntagen Besucherrekorde. Doch es war im Vorfeld auch klar, dass Wettumsätze wie in den 90er Jahren aufgrund der Liberalisierung des Wettmarktes nicht mehr zu erzielen waren. Durch den Event-Charakter der Veranstaltungen war es dem Verein aber gelungen, Mindereinnahmen aus dem Wettgeschäft durch interessante Sponsorenpakete für die Unternehmenspartner zu kompensieren.

Durch einen engen Schulterschluss mit der Stadt Hannover war es Gregor Baum 2011 gelungen, einen Millionenbetrag von der Öffentlichen Hand für die Instandsetzung der mittlerweile in die Jahre gekommenen Anlage zu erhalten. Damit konnten dringend benötigte Investitionen in das Tribünengebäude, in die Trainingsanlagen und in den Stallbereich vorgenommen werden. Weiterhin wurde in neue Businesslogen, eine neue Lautsprecheranlage und eine neue Beregnungsanlage investiert. Die Neue Bult war wieder in aller Munde. Gregor Baum und seinem Team war es gelungen, mit einer Symbiose aus Spitzensport und einem bunten Familienprogramm den Galopprennsport neu zu erfinden.

In den Folgejahren erfuhren die Rennveranstaltungen auf der Neuen Bult bei Aktiven und Sponsoren eine immer größere Beliebtheit. Jahr für Jahr wurden neue Zuschauerrekorde aufgestellt, so dass mehrmals im Jahr 20.000 Besucher auf die Rennbahn strömten. Weit über die Grenzen Hannovers hinaus, hatte sich die Neue Bult zu einem großen Freizeitfaktor entwickelt. Ganzseitige Berichterstattungen in den großen hannoverschen Tageszeitungen führten auch bei der Suche nach Unternehmenspartnern zu einem positiven Echo.

Am Samstag, den 8. Juli 2017 feierte der Hannoversche Rennverein das 150. Jahr seines Bestehens. Mit einem Doppelrenntag am Wochenende des 8. und 9. Juli wurde dieses Jubiläum entsprechen gewürdigt. Ging es am Samstag unter dem Motto „Brunch & Race“ mit einer sieben Rennen umfassenden Karte los, gab es am Sonntag die Jubiläumsfeierlichkeiten, Live Acts, einem umfangreichen Kinderprogramm sowie großartigen Galopprennsport. Mit einer festlichen Zeremonie feierte der Hannoversche Rennverein zu Beginn des Renntages seinen Ehrentag. In der stimmungsvoll geschmückten Garden Lounge lauschten Ehrengäste, Sponsoren und Mitglieder des Rennvereins den Laudatoren, darunter dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover Stefan Schostok, dem Bürgermeister der Stadt Langenhagen Mirko Heuer und dem Präsidenten des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen Albrecht Woeste sowie dem Präsidenten des Rennvereins, Gregor Baum. Besondere Zeitzeugen und Ehrengäste waren Dr. Erika Buhmann, Hein Bollow, Hans-Heinrich v. Loeper und Otto-Werner Seiler.

Das großzügige und 73 Hektar umfassende Gelände des Rennvereins hatte in einem Teilbereich zwischen Rennbahnsee und Parkplatz 2018 Begehrlichkeiten der Stadt Langenhagen geweckt. Da auf der gegenüberliegenden Seite der Galopprennbahn an der Theodor-Heuss-Straße ein neues Schwimmbad entstanden war, wollte die Stadt Langenhagen auf dem Teilbereich des Rennbahngeländes ein neues Schulzentrum entstehen lassen. Ein Vorhaben, dem in Gesprächen aller Beteiligten, darunter auch der Stadt Hannover, als Eigentümerin des Rennbahnareals, stattgegeben wurde. Der Grundstein für das Bauvorhaben wurde 2020 gelegt. Dem Rennverein war im Zuge dieser Vereinbarung eine Entschädigung im unteren einstelligen Millionenbereich gezahlt worden. Ein Betrag, der zu einem erheblichen Teil wieder in die Instandhaltung der Anlage investiert wurde.

Zu einem Prüfstein für den Hannoverschen Rennverein, wie auch für die gesamte Weltwirtschaft, wurde zu Beginn des Jahres 2020 die Corona-Pandemie geworden. Aufgrund von Bestimmungen und Auflagen durch die Politik konnte die Saison 2020 nur unter größten logistischen und finanziellen Kraftanstrengungen abgehalten werden. Zuschauer waren nicht zugelassen, was sich beträchtlich auf die Wettumsätze ausgewirkt hatte, wenngleich die Internet-Wettanbieter zeitweise auf Ihre Provisionen verzichtet hatten, um dem Sport zu helfen. In dieser Zeit gab es für den Rennverein auch nahezu keine Möglichkeit Sponsorengelder für die Rennen zu akquirieren.

Zu der ohnehin schon corona-bedingt schwierigen Zeit kam in den frühen Morgenstunden des 21. Mai 2021 ein Feuer, dass von einem Gastronomiestand auf das Gebäude übergegriffen und die Räumlichkeiten stark in Mitleidenschaft gezogen hatte. Im Laufe der Saison wurden die Corona-Restriktionen etwas gelockert, was eine Durchführung des sportlich anspruchsvollen Programms etwas erleichterte.

2023 feiert die Galopprennbahn Neue Bult in Hannover-Langenhagen ihr 50-jähriges Bestehen. In dieser Zeit hat sich der Galopprennsport in der Flughafenstadt von einer grauen Maus, mit anfänglichem Basissport auf einem kahlen und windanfälligen Areal, über ein halbes Jahrhundert hinweg zu einer der führenden und schönsten Rennbahnen in Deutschland entwickelt.

Der Zuschauerzuspruch, der sportliche Stellenwert der Rennen und die Resonanz bei Unternehmenspartnern, Besuchern und Aktiven zeigt, dass der beschrittene Weg der letzten Jahrzehnte der richtige gewesen ist. In diesem Sinne wird die Geschichte der Neuen Bult fortgeschrieben!