Die Große Bult (1906–1970)

Der hannoversche Galopprennsport fand auf der Großen Bult ein neues Zuhause. Nach einem Investitionsvolumen in Höhe von 475.000 Mark wurde die neue Rennbahn 1906 fertig gestellt. Am 30. April 1906 wurde ein Pachtvertrag unterzeichnet, mit dem die Stadt Hannover dem Hannoverschen Rennverein das Areal rückwirkend zum 1. Januar 1906 überließ.

Die Rennbahn lag östlich der Eisenbahnlinie Hannover-Kassel, grenzte im Südosten an die Eilenriede und im Nordosten an den Bischofsholer Damm. Die Ringstraße im Norden, lag in etwa dort, wo sich die heutige Lindemannallee befindet. Die Hauptzufahrt erfolgte vom Bischofsholer Damm und war mit einem Droschkenhalteplatz eingerichtet. Dieser wurde so angelegt, dass Ehrengäste und Prominenz direkt hinter der Haupttribüne halten konnten, gleichzeitig aber auch bei ihrem Eintreffen vom Publikum gesehen werden konnten. Hier gab sich auch der Deutsche Kaiser die Ehre, der die Renntage am 28. August 1907 und am 16. Juni 1911 besuchte.

Der Sattelplatz besaß einen Eingang direkt vom Bischofsholer Damm aus. Die Tribünen lagen im Nordwesten der Anlage zwischen dem Bischofsholer Damm und der Eisenbahn. Um von jeder Stelle aus einen guten Blick zu gewährleisten, waren die beiden Sitz- und die Stehtribüne in einem leichten Bogen angeordnet.

Die Haupttribüne verfügte bei einer Länge von etwa 53 Metern über 578 Sitz – und 400 Stehplätze und hatte eine Vielzahl von Funktionsräumen, u.a. für Presse, Polizei, Krankenversorgung. Die zweite Tribüne bot im Hauptgeschoss auf Steh- und Sitzplätzen Platz für 600 Personen.  Vor den Tribünen lagen mit Rasen bewachsene Böschungen.

Es gab eine Flach- und eine Hindernisbahn, wobei für die Rennen der Zweijährigen eine 1.100 Meter lange Bahn angelegt wurde, die 350 Meter in die Eilenriede hineinreichte. Der Flachbahn-Rechtskurs hatte eine Länge von 2.012,50 Metern, wobei der Einlauf auf den letzten 300 Metern eine leichte Steigung besaß.  Für die Anlage der Hindernisbahn, die eine Länge von 3.750 Meter hatte, hatten Karlshorst und Köln als Vorbilder gedient.

Vor der Haupttribüne wurde im Innenraum der Bahn ein Teich angelegt, der durch die Aufschüttung der Böschungen entstanden war. Entlang der Innenseite der Flachbahn befand sich ein Rohrsystem zum Sprengen der Bahnen mit Grundwasser, das alle 50 Meter einen Sprenghahn, insgesamt 39 Stück, aufwies. So konnte die Bahn gewässert und dadurch elastisch gehalten werden.

Ab 1881 hatte mit dem St. Leger auch ein bedeutendes Rennen auf der Großen Bult stattgefunden, das 1909 nach Berlin abgegeben werden musste.

Einen wichtigen finanziellen Erfolg hatte der Rennverein jedoch 1925 erzielen können, als fortan die Stadt die Unterhaltung der Rennbahn übernommen und auf eine Pacht verzichtet hatte.

Im Rennsport versuchte der Rennverein weiterhin Akzente zu setzen und konnte mit der Wiedereinführung des Armee-Jagdrennens im Jahr 1927 das vornehmste Rennen für Militärs nach Hannover holten. Auch was den Trainingsbetrieb anging, hatte sich die Große Bult eine führende Stellung erarbeitet. In Hannover wurden seinerzeit 95 Pferde trainiert. Nur in Berlin waren es mehr.

Im Oktober 1943 wurde die Alte Bult bei Bombenangriffen zerstört. Die Militärregierung sorgte aber für eine schnelle Wiederherstellung der Bahn, wobei sich die Wiederaufnahme der Rennen wegen der Versorgungslage verzögerte.  Ein regulärer Rennbetrieb startete 1946 mit drei Rennen, zu denen insgesamt etwas mehr als 10.000 Besucher kamen. Die Jahre der Besatzungszeit waren dadurch geprägt, dass es sowohl deutsche als auch britische Renntage gab.

Der Stute Lustige gelingt 1955der bisher einzige hannoversche Derbysieg. Sie stammt aus der Zucht des Gestüt Evershorst, war im Besitz der Gebrüder Buhmann und wurde von Gustav Reinicke auf der Alten Bult trainiert.

1970 kam das Ende für die Rennbahn. Eine Tochterfirma des amerikanischen Büromaschinen- und Computerherstellers IBM zeigte Interesse an dem Gelände. Daher kündigte die Stadt Hannover den Pachtvertrag mit dem Rennverein im Dezember 1969. Am 6. Februar 1970 kaufte IBM daraufhin das Gelände für etwa 20 Millionen DM. Am 15. August 1970 endete mit einem letzten Renntag die rennsportliche Geschichte der Großen Bult.

Bereits am 17. Juli und 11. August 1970 wurde ein Vertrag unterzeichnet, in dem sich die Stadt gegenüber dem Rennverein dazu verpflichtete, mindestens gleichwertigen Ersatz für die Alte Bult zu gleichen Bedingungen zur Verfügung zu stellen.

Kuriosum: IBM trat schließlich vom Kaufvertrag zurücktrat. Das Gelände auf der Alten Bult liegt heute noch weitgehend unbebaut da. Große Teile des Geländes sind seit 1998 als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.